Der Nebel hob sich, der Wind legte leicht zu: Rechtzeitig zum Abschlussrennen der Starboot-Weltmeisterschaft im Rahmen der Kieler Woche war die Bühne auf dem Olympiarevier von 1972 bereitet. Während der bereits als Weltmeister feststehende Frithjof Kleen (Berlin) durch das Hafenvorfeld schlenderte und sich sein Steuermann Diego Negri (Italien) noch ausruhte, ging es für das verbliebene Feld der 82 Stare aus 18 Nationen um Medaillen und Platzierungen. Es war ein harter Fight um die Podiumsplätze – mit einigen Enttäuschungen. Am Ende des Tages feierten Tonci Stipanovic/Tudor Bilic (Kroatien) als Zweite und Johann Spitzauer/Hans-Christian Nehammer (Österreich) auf Rang drei neben Negri/Kleen ihre Podiumsplätze.
Im Kampf um die verbliebenen Podiumsplätze waren die Top-Crews bereit, jegliches Risiko einzugehen. Obwohl sich etliche Teams keinen Ausrutscher – und damit keinen Frühstart – mehr erlauben durften, war der Druck auf die Startlinie in diesem letzten WM-Rennen enorm. Dreimal musste Wettfahrtleiter Mandus Freese die voreilige Flotte wieder einfangen. Beim dritten Mal kostete es gleich 18 Crews die Chance, weiter dabei sein zu können. Sie mussten mit ihrer Frühstart-Disqualifikation die Bahn verlassen.
In der Liste der Disqualifizierten auch absolute Segelprominenz: Die Titelverteidiger Mateusz Kusznierewicz/Bruno Prada (Polen/Brasilien) hatten zwar vor dem Rennen betont, dass sie zurückhaltend starten wollten, da sie sich schon am Donnerstag einen Frühstart eingefangen hatten. Dann aber wurden sie doch als Frühstarter erkannt und aus dem Rennen genommen. Einverstanden war Mateusz Kusznierewicz damit nicht. „Wir sind auf Sicherheit gesegelt, und aus unserer Sicht war es auch kein Frühstart. Wir hatten sogar noch ein Boot vor uns, das nicht disqualifiziert wurde.“ Seinem Antrag auf Wiedergutmachung wurde zwar in einer langen Protestverhandlung von der Jury stattgegeben. Die gutgeschriebenen Punkte reichten aber nicht, um noch das Podium zu erreichen.
Auf dem Wasser entschied sich der Kampf um die Medaillen zwischen den Österreichern Johann Spitzauer/Hans-Christian Nehammer sowie Olympia-Silbermedaillengewinner Tonci Stipanovic mit Tudor Bilic (Kroatien). Auch Ex-Weltmeister Eivind Melleby (Norwegen) mit Guy Thomas Avellon und der Däne Jörgen Schönherr, der den dreimaligen Europameister Markus Koy (Hamburg) an der Vorschot hat, waren noch mit im Spiel.
Silber-Kampf bis kurz vorm Ziel offen
Während Schönherr und Melleby in dem Rennen gut in Fahrt kamen, mussten sich Spitzauer und Stipanovic nach verhaltendem Start erst einmal durch das Feld arbeiten. In der zweiten Runde hatten die Österreicher und Kroaten aber soweit aufgeholt, dass sie bereits auf Medaillenkurs lagen. Zwar führten Schönherr/Koy souverän vor Melleby/Avellon das Feld an und kamen so auch ins Ziel, aber der Punkterückstand in der Gesamtwertung war zu hoch, um noch auf das Podium zu springen.
Spitzauer/Nehammer hätte im Abschlussrennen ein Top-Resultat direkt hinter den Kroaten zum Silbergewinn gereicht. Und lange hatten sie dafür die besten Karten in der Hand. Dann aber packte Laser-Ass Tonci Stipanovic bei seinem ersten WM-Auftritt im Starboot auf der Zielkreuz noch einen siegbringenden Move aus. Während Spitzauer/Nehammer auf die linke Seite gingen, setzten Stipanovic/Bilic zur Mitte der Zielkreuz eine Wende nach rechts, fanden dort den richtigen Wind, um noch an den Österreichern vorbeizuziehen. Zum Zünglein an der Waage wurden die US-Amerikaner Benjamin Sternberg/Stuart MacIntosh: Sie wurden auch noch von Stipanovic überholt, hatten aber Spitzauer im Kielwasser. Genau dieses Resultat reichte den Kroaten zum Silbergewinn vor den Österreichern. Dahinter reihten sich in der Gesamtwertung Jörgen Schönherr/Markus Koy (Dänemark/Deutschland), Mateusz Kusznierewicz/Bruno Prada (Polen/Brasilien) und Eivind Melleby/Guy Thomas Avellon (Norwegen/USA) ein.
„Wir sind sehr glücklich. Es war ein hartes Rennen. Wir hatten ein gutes Set-Up, hatten noch mal an den Segeln etwas verändert. Am Start haben wir auf Sicherheit gesetzt. Das hat sich ausgezahlt, denn einige Konkurrenten hat es erwischt“, berichtete Stipanovic. „Mit der ersten Kreuz waren wir zwar nicht zufrieden, aber dann waren wir sehr gut auf dem Vorm-Wind-Kurs unterwegs. Auf der letzten Kreuz habe ich zu Tudor gesagt: Wir müssen jetzt das Glück herausfordern.“ Als er dann die Wolke über dem Kurs sah und beim Führungsduo einen Rechtsdreher des Windes ausmachte, setzte er die Wende. Damit kletterten die Kroaten auf Rang drei in diesem Rennen. „Bei dem wechselnden Wind hatte ich schon noch ein paar Befürchtungen, dass die Amerikaner noch von den Österreichern überholt werden würden. Aber es lief dann genau in unserem Sinne.“
Titelfoto: Die neuen Weltmeister, das italienisch/deutsche Duo Diego Negri und Frithjof Kleen. (Foto: Sascha Klahn)